Montag, 25. Juni 2018

That's all Folks!

Das war's fürs Erste!


Momentan stecke ich mitten in den letzten Zügen der Konzeptionsphase eines Romanprojektes, das ich zusammen mit einem weiteren Autoren auf die Beine stellen möchte.
Es hat Spaß gemacht sich zu diesen seltsamen Titeln die passenden Geschichten auszudenken und zu schreiben. Zu gegebener Zeit werde ich mich natürlich auch wieder dieser Herausforderung stellen. Aber nun hat der Roman Vorrang. Wenn es etwas Spruchreifes gibt, lasse ich es hier verlauten.




Bis dahin ...

Montag, 11. Juni 2018

Dritte Story: Eine lockere Nebensache

Das durfte doch einfach nicht wahr sein. Hannes war noch nie der Letzte gewesen und nun so etwas. Selbst der kleine Bruno war schneller als er und sonst war Bruno bei allem der Letzte.  
Hannes wollte ja gar nicht der Erste sein, aber Allerletzter? So etwas Doofes. Dabei zog und rüttelte er; er drehte und schob. Aber nichts passierte.  
Seit er letztes Wochenende bemerkt hatte, dass einer seiner unteren Schneidezähne wackelte, war er ausschließlich darum bemüht, ihn auch möglichst schnell zu verlieren.  
Verlieren … haha! Verloren hatte er ja nun schon. Alle hatten schon eine Zahnlücke oder sogar schon Schulzähne. Nur er noch nicht. Und zu allem Überfluss hörte ihm auch keiner zu. Seit fast einer Woche rackerte sich Hannes ab, allen die große Neuigkeit zu verkünden, dass er einen Wackelzahn habe. 
Doch aufgeben wollte er nicht. Fest entschlossen, seinen Zahn noch in dieser Woche zu verlieren, stapfte er aus seinem Zimmer in die Küche.






"Mama, schau mal!" 
"Sehr schön Schatz, aber Mama hat hier wirklich mit diesem Kuchen zu tun. Ich muss aufpassen, dass er nicht verbrennt, weißt du?" 
Hannes' Mama blickte starr durch die Scheibe des Backofens, bevor sie sich wieder an den Küchentisch setzte und mit dem Finger über ihr Smartphone wischte. 
Grummelnd verschwand Hannes aus der Küche. Sein Blick fiel auf die angelehnte Tür seines Nachbarzimmers. An der Klinke hing ein Schild, auf dem mit großen roten Buchstaben etwas geschrieben stand. Hannes konnte aber noch nicht lesen. Das "H", das "N" und das "E" kannte er schon aus seinem Namen. Der Rest war für ihn nur die Schmiererei seiner großen Schwester.  
"Du, Lilly!", platzte Hannes ins Zimmer. 
"Raus, hier! Kannst du nicht lesen?", schrie ihn seine Schwester an und klappte hektisch ein kleines rosafarbenes Buch zu. 
"Nein", antwortete Hannes. "Aber Lilly, du musst dir das mal anschauen." 
"Ich muss gar nichts und jetzt raus!" Seine Schwester stand auf und schob ihn unsanft nach draußen. 
Weshalb wollte ihm niemand zuhören? Hannes wurde immer wütender. Er sah sich um. Gab es hier irgendwas, das er runterschmeißen, zerreißen und kaputtschlagen konnte? 
Da hörte er den Schlüssel in der Haustür. "Papa!" Er rannte seinem Vater entgegen und sprang ihn freudestrahlend an. 
"Nanana …! Immer langsam Sportsfreund." Papa umarmte ihn, hob ihn hoch und wuschelte ihm durchs Haar.  
"Papa, schau mal!" 
"Gleich, Hannes. Ich hatte einen langen Arbeitstag und will mal kurz die Beine hochlegen." 
"Aber …" begann Hannes zu entgegnen. Dann ließ er es doch und trottete traurig nach draußen in den Garten. Die dicke Nachbarskatze schlich vorbei. Schneeball hatten Lily und Hannes sie getauft, obwohl sie nicht ganz we war. Auf dem Kopf hatte sie einen dunklen Fleck, der wie eine Schmalzlocke aussah. Deshalb nannte Papa sie immer Elvis. 
"Willst du dir meinen Wackelzahn ansehen, Schneeball?" 
Doch Schneeball verschwand leise im Gebüsch neben dem Gartentor. 
"Schneeball, warte!", rief Hannes und rannte der Katze hinterher. Mit einem gekonnten Hechtsprung schoss er mit dem Kopf voran ins Gestrüpp. Es pikste ein bisschen. Natürlich war Schneeball verschwunden, aber dennoch entdeckte Hannes etwas Interessantes. Hier war ein Loch im Zaun. Er konnte einfach hindurchkriechen. Er blickte zum Haus zurück. Nichts regte sich. Wahrscheinlich hockte Mama immer noch mit dem Smartphone vor dem Ofen, Lilly krakelte in ihr doofes Buch und Papa grunzte gemütlich auf der Couch vor sich hin. Oma hätte ihm sicher zugehört, aber die war nicht da. Ob sie wohl auf Arbeit war? Hannes war schon oft dort gewesen. Er wusste, dass man mit der Straßenbahn dorthin fahren konnte und er wusste, wo die Straßenbahnhaltestelle war. Keine fünf Minuten von hier 
"Das merken die sowieso nicht", sprach er sich Mut zu und schlüpfte durch das Loch im Zaun auf die Straße. "Hm …", machte Hannes nachdenklich während er sich nach allen Seiten umblickte. Von der Rückseite des Hauses war er noch nie zur Haltestelle gegangen. Sollte er jemanden nach dem Weg fragen? Mama und Papa hatten ihm eingebläut, niemals mit Fremden zu sprechen. Aber das war doch ein Notfall. Wie sollte er sonst zu Oma kommen? 
Hannes lief einfach ums Haus herum, wie er es schon ein paarmal mit Papa und Lilly gemacht hatte, wenn sie vom Vorgarten in den eigentlichen Garten wollten. Nur umgekehrt. Jetzt stand er also vor dem Haus. Noch immer hörte oder sah er nichts von seiner Familie. Also beschloss er zur Haltestelle zu gehen.  
Wenigstens seinen Teddy hätte er mitnehmen sollen. Oder seinen neuen Traktor von Onkel Freddy. Irgendetwas, an dem er sich hätte festhalten können. Es war nicht mehr zu ändern. Er lief die leichte Steigung durch die zwei Nebenstraßen bis er zu den Gleisen kam. Auf welche Seite der Haltestelle musste er sich stellen, wenn er in die Stadt wollte? Plötzlich schoss eine Bahn an ihm vorbei. Hannes machte einen erschrockenen Satz zurück. In dem Schild der Bahn leuchtete ein Flugzeug. Hannes wusste, dass es das Zeichen für den Flughafen war und der war nicht in der Stadt. Also musste er auf die andere Seite. 
Dort angekommen sah er hinauf zur Anzeigetafel. Er kannte schon die Zahlen. Dort stand eine Vier, aber wie lange war das? 
"Na, Junger Mann. Was machst du denn so alleine hier?", fragte eine ältere Dame. 
"Ich darf nicht mit dir reden." 
"Das ist richtig. Mit Fremden darf man nicht reden. Aber in deinem Alter darf man auch nicht alleine mit der Bahn in die Stadt fahren. Wo möchtest du denn hin?" 
Die Frau schien wirklich sehr nett zu sein. Sie erinnerte Hannes an seine Uroma, die sie nur selten sahen, aber die immer tolle Geschenke mitbrachte. Außerdem fragte Uroma Lilly und ihn immer ganz viel. Sie hörte ihnen zu. 
"Bist du auch eine Uroma?", fragte Hannes schließlich. 
"Stimmt. Woher weißt du das? Sogar zweimal." 
"Habe ich geraten. Guck mal …" Hannes wackelte mit dem Zeigefinger an seinem Zahn. 
"Das ist ja toll! Dann kommst du bestimmt auch bald in die Schule." 
"Genau." Hannes strahlte über das ganze Gesicht. 
"Aber nun sag mir mal, wo du wirklich hingehörst." 
"Na zu Oma Anna. Die arbeitet in der Stadt, in dem großen Haus neben dem Tunnel." 
"Weißt du denn, wie du dorthin kommst?" 
"Mit der Bahn." 
"Ich meine, ob du weißt, wo du aussteigen musst?" 
Hannes überlegte. "Dort, wo sich die ganzen Schienen treffen." 
"Und wo wohnst du?" 
Die Bahn kam. Sie rollte den Berg hinab und hielt quietschend vor Hannes und der älteren Dame. 
Sie stiegen ein und setzten sich nebeneinander. Als die Straßenbahn wieder losfuhr, fragte die Frau erneut: "Wo wohnst du denn nun?" 
"Verrate ich nicht. Ich will jetzt zu Oma!" Hannes hatte keine Lust mehr, sich zu unterhalten. Er verschränkte die Arme und setzte sein grimmigstes Schmollgesicht auf. 
"Na gut. Vielleicht zeigst du mir, wo deine Oma arbeitet, damit ich dich noch hinbringen kann." 
Hannes schwieg.  
Die Bahn rumpelte durch die Häuserschluchten. Vorbei am Park mit dem tollen Spielplatz und dann am Dom entlang, bevor sie endgültig in die Innenstadt abbog. Hier musste es irgendwo sein. Tatsächlich! Hannes erkannte das Haus, in dem seine Oma arbeitete, aber die Bahn fuhr einfach daran vorbei. Jetzt musste er beim nächsten Halt aussteigen und bloß noch zurücklaufen.  
Mit einem heftigen Ruck kam die Straßenbahn zum Stehen. Hannes wäre fast vom Sitz gefallen. Hier stiegen wirklich viele Leute aus. Die ältere Frau stand direkt hinter ihm. Als sich die Türen öffneten, rannte Hannes los. Immer in Richtung des Gebäudes, in dem seine Oma arbeitete. Es war gar nicht so weit. Die alte Dame hatte er sicher abgehängt. Jetzt konnte er schon den Tunnel sehen, durch den man zum Eingang des Hauses kam. Kurz drauf lief er hindurch. 
Schnaufend blieb er vor der Tür stehen. Sie war zu. Hannes wusste noch, dass Mama immer klingelte, wenn sie zu ihrer Mama, das war seine Oma, wollte. Aber welcher Klingelknopf war der richtige? Wenn Hannes doch nur schon lesen könnte, aber ihm fehlte ja noch nicht mal ein Zahn. 
Kurzentschlossen drückte er wild auf alle Klingeln gleichzeitig. Zunächst passierte nichts. Dann öffnete sich tatsächlich die Tür und ein glatzköpfiger Mann mit dickem Bauch stand vor Hannes. 
"Huch. Was machst du denn hier? Bist du nicht der kleine Hannes, der Enkel von Anna?" 
Hannes nickte. "Ich will zu Oma." 
"Und wo sind deine Eltern?" 
"Zuhause." 
"Das ist jetzt wirklich dumm gelaufen, aber deine Oma war heute gar nicht hier. Sie hatte Auswärtstermine." 
Hannes spürte, wie ihm die Tränen in die Augen schossen. Was sollte er jetzt tun? Ohne Teddy, Traktor oder die nette alte Dame. Vielleicht hätte er doch zu Hause bleiben sollen. Sicher hätte Mama bald Zeit für ihn gehabt und Papa auch. Vielleicht sogar Lilly. Und nun? 
"Na, wer wird denn gleich weinen? Komm erst mal rein. Wir trinken eine Limo und dann überlegen wir uns was." 
Hannes hatte ein bisschen Angst. Er kannte diesen Mann gar nicht, hatte ihn auch noch nie bei Oma auf Arbeit gesehen. Aber der Mann kannte Hannes und auch Oma Anna. Was blieb ihm anderes übrig? "Na gut …", schluchzte er und folgte dem Mann in das Haus. 

Donnerstag, 24. Mai 2018

Update 2: Eine lockere Nebensache

Hui ... da habe ich mich aber selbst überrascht. Es ging nun doch schneller, als gedacht und mit fast 1.500 Wörtern ist die Rohversion der Geschichte nun fertig. Der Text erhält nun, wie gewohnt, noch ein wenig Feinschliff im www.wortkompass.de und dann kommt sie:


Eine lockere Nebensache

Bis dahin ...

Dienstag, 22. Mai 2018

Update: Eine lockere Nebensache

Ich bin nicht in ein Loch mit verändertem Raum-Zeit-Kontinuum gefallen, aber hin oder wieder gibt es Dinge, die meine Aufmerksamkeit verlangen. Daher bin ich bisher nicht dazu gekommen, mit der Kurzgeschichte "Eine lockere Nebensache" zu beginnen. Seit heute stehen aber die ersten 413 Wörter und so viel kann ich sagen: Die Geschichte wird mit Sicherheit anders, als ihr es erwartet.


Weitere Fortschritte findet ihr ebenfalls auf diesem Blog.




Bis dahin ...

Montag, 7. Mai 2018

Titel Nummer Drei!

Nach so klangvollen und sinnbefreiten Titeln wie "Meine lächerliche Jagd ohne Flimmern" und "Asynchrone Teufel der Ostfront", hat es diesmal etwas recht normales auf's Siegertreppchen geschafft. Der dritte Titel wird lauten:


Eine lockere Nebensache




Na dann mache ich mal ein paar Ideen locker, um diese Nebensächlichkeit in Buchstaben umzuwandeln. Ihr werdet wieder an gewohnter Stelle über die aktuellen Bearbeitungsstände informiert.




Bis dahin ...

Mittwoch, 2. Mai 2018

Runde 3: Titelsuche

Und täglich grüßt das Murmeltier! Welcome back - zum dritten Teil meines kleinen Schreibprojekts, aus willkürlich generierten Titeln eine einigermaßen sinnige Geschichte zu basteln. Auch diesmal habe ich eine besonders hübsche Auswahl (auf www.buchtitelgenerator.de erzeugen lassen und so sieht sie aus:











Montag, 30. April 2018

Zweite Story: Asynchrone Teufel der Ostfront

Es war einmal ein Kaiser, der hatte zwei Söhne. Sie waren sein ganzer Stolz, auch wenn ihm der Ältere weitaus mehr am Herzen lag, als der Jüngere. Beide dienten ihrem Vater so gut sie es vermochten. Unter ihm waren sie die mächtigsten und angesehensten Männer im Reich, doch genau dieses schien dem Kaiser nicht groß genug … 
 


 Hoch zu Pferde ließ Kamal seinen Blick über das Flussufer ins Unbekannte schweifen. Sein länger werdender Schatten kroch über die dichten Grasbüschel, während das Rauschen des Wassers seine hypnotische Wirkung entfaltete. 
Eine kleine Gestalt ritt auf einem nahezu ebenso kleinen Pony heran und stoppte neben ihm. "Wir haben Nachricht von eurem Bruder, Oberst." 
Er nickte, sah von seinem Ross auf den Winzling hinab und streckte ihm seinen Arm entgegen. 
"Bitte, Herr Oberst", säuselte dieser, stellte sich auf den Rücken des Ponys und übergab die Schriftrolle. 
Im schwindenden Licht überflog General Kamal die Worte seines Bruders. Verachtend zerriss er das Schriftstück. "Zuz, weshalb bringst du mir so etwas?" 
"Oberst, es war ein Befehl, die Nachricht zu überbringen. Ich diene gehorsam, wie ihr wisst." 
"Natürlich. Du kannst Befehle nicht verweigern. Schon gar nicht, wenn sie vom General höchstpersönlich stammen. Vom beliebteren, erfolgreicheren und dem allseits hochgeschätzten General Amal. Verteidiger der freien Welt, Vorreiter der Westfront-Erweiterungen. Ja, der Westen. Ländereien voller Überfluss, Reichtum, Prestige. Ruhm und Ehre werden ihm zuteil, sollte er auch die letzten Barrieren überwinden können und diese neue Welt für den Kaiser erschließen. Oh und der Kaiser: Ein recht herrlich anmutender Geselle mit Hang zu Kitsch und Selbstverherrlichung ist unser Vater. Nicht minder sein Stab und in all diesem Glanz, mein Bruder, Retter der Kaiserfamilie. Und nun, Zuz, schau dich um. Was siehst du?" 
Der Winzling drehte seinen Kopf suchend nach allen Seiten. "Ich sehe den Strom und die Landschaft ringsherum, Oberst." 
"Siehst du den Überfluss, den Reichtum, das Prestige?" 
"Nein, Oberst. Davon kann ich nichts erkennen." 
"Richtig, Zuz! Wir kämpfen an der Ostfront für dieselbe Sache, doch interessiert es niemanden. Keiner wird uns am Hofe mit Glanz und Gloria empfangen, sollten wir je zurückkehren. Keiner wird unsere Namen in die Heldentafel meißeln und dennoch sind wir hier. Wir sind hier, weil all die unentdeckten Länder darauf warten, aus ihrem Schlaf geweckt zu werden und ich werde derjenige sein, der ihm die Geheimnisse entlockt." 
Kamal machte eine Pause, doch Zuz wagte nicht zu sprechen. Viel zu oft hatte er die Predigten des Oberst schon mit anhören müssen. Sollte er auch nur ein Wort dazu sagen, würde er ein neues Thema für eine weitere Klage anstoßen. 
"Hinter diesem Fluss liegt das Geheimnis", fuhr Kamal fort. 
"Welches Geheimnis, Oberst?" 
"Keiner von uns weiß, was sich hinter dieser natürlichen Grenze verbirgt. Was lauert hinter dem Horizont? Vielleicht ein lang ersehnter Frieden, vielleicht das Gegenteil. Amal schreibt von einem ähnlichen Scheideweg. Sie stehen kurz vor der Überschreitung der letzten Barriere. Was wird er finden? Ruhm und Ehre?" 
Der Oberst gab Zuz einen leichten Tritt 
"Oh, äh … ich weiß es nicht." 
"Ich hoffe doch ganz entschlossen, dass er scheitern wird", knurrte Kamal. "Bereitet das Lager! Bei Sonnenaufgang überqueren wir den Fluss." 
"Wie Ihr befehlt, Herr Oberst." 
 
Rotgolden begann der Horizont zu glühen. Oberst Kamal schlug die Zeltwand zur Seite. Seine Männer waren nicht untätig gewesen. Einige hatten die ganze Nacht damit verbracht eine Brücke zu zimmern. Obwohl sie die schmalste Stelle des Flusses, gerade zwei Pferdelängen, für die Errichtung gewählt hatten, war sie noch immer nicht fertig.  
"Zuz!" 
"Ja, Oberst?", rief es aus dem Nachbarzelt. Kurz darauf stolperte Zuz heraus. "Ihr wünscht?" 
"Mach diesen Nichtsnutzen Beine. Sobald sich die Sonne in voller Größe am Himmel zeigt, hat die Brücke fertig und die Pferde haben gesattelt zu sein." 
"Sehr wohl, Oberst." Zuz verbeugte sich und rannte zum Flussufer. 
Kamal kehrte zurück ins Zelt. "Man bringe mir den Leutnant!", befahl er seinen Bediensteten.  
Während Kamal sein spärliches Frühstück aus Wurzelknollen und Baumrinde, dem einzigen, was sie hier finden konnten, zu sich nahm, erschien Chewol. "Oberst?" 
"Leutnant Chewol. Ich habe angewiesen, die Brücke schnellstmöglich fertigzustellen. Sammelt euren Aufklärungstrupp und halten euch bereit. Ihr werdet die ersten sein, die das neue Land betreten. Ich möchte umgehend über jegliche Entdeckungen informiert werden. Völlig unerheblich, ob ihr sie für wichtig haltet. Ich denke, Ihr wisst, wie damit zu verfahren ist." 
Chewol berührte mit seiner gestreckten Hand die Stirn. "Jawohl, Oberst Kamal!" Dann trat er aus dem Zelt. 
Im selben Moment erschien Zuz. "Oberst, wir haben nicht genügend Holz", platzte er atemlos heraus. 
Kamal spürte die Wut in sich aufsteigen. So eine Ungeheuerlichkeit wäre seinem Bruder niemals passiert. "Zuz?", begann er in einem seltsam ruhigen Ton.  
"Bitte, Herr Oberst?" 
"Du bringst mir sofort den Verantwortlichen." 
"Aber, Oberst …" 
"Kein Wort, Zuz!", schrie Kamal. "Und … zerlegt die Lastenkutschen und Streitwagen. Die Brücke hat oberste Priorität!" 
"Sehr wohl." Der Winzling stürmte aus dem Zelt, um kurze Zeit später mit einem verängstigt dreinblickenden Mann zurückzukehren. 
"Name?" 
"Shulem, Oberst." 
"Shulem. Weshalb hattet ihr nicht ausreichend Holz für den Brückenbau?" 
"Herr Oberst, das karge Land hat kaum Baumbestände. Wir haben selbst die Wurzeln verwendet, um …" 
"Schweig! Ist es nicht so, dass sich die Arbeiter in der kühlen Nacht aufwärmen wollten?" 
"Nein, Oberst. Ich beteuere Euch, wir haben ausschließlich an der Fertigstellung gearbeitet." 
"Ein gewisser Restgeruch von verbranntem Holz lässt sich nicht verleugnen. Nicht wahr, Zuz?" 
"Oh … äh …" Zuz hatte nicht damit gerechnet, in das Gespräch mit eingebunden zu werden. "Ja, Herr Oberst. Ich meine, nein. Also …" 
"Siehst du, Shulem. Abführen!" 
"Oberst?", protestierte Zuz. Die flehend dreinschauenden Augen des Bautrupp-Führers sahen ihn an. 
"Dies ist ein Befehl!" Kamal musste um jeden Preis verhindern, dass sein Bruder der ewige Sieger bleiben würde. 
Zuz schluckte schwer. Er wusste nur zu gut, dass diese Entscheidung eine endgültige war. Sie bedeutete, dass es in wenigen Augenblicken einen Mann weniger in ihrem Heer geben würde. 
 
Es war fast Mittag, als Zuz mit der Nachricht der fertigen Brücke zu Oberst Kamal kam. Shulems Kopf war nicht der einzige, der für diesen Verzug hatte rollen müssen. 
Unverzüglich preschte Cholew mit seinem Aufklärungstrupp los, um die Gegend auf der gegenüberliegenden Flussseite zu erkunden. 
Im Lager herrschte Aufbruchsstimmung. Spätestens, wenn die Späher zurückkehrten, mussten sie bereit sein. Pferde wurden gesattelt, Rüstungen angelegt, Zelte abgebaut. Einigermaßen zufrieden ob der bevorstehenden großen Tat ritt Oberst Kamal durch die Reihen. Seinem geschulten Blick entging nichts. Die verrutschte Satteldecke ebenso wenig wie die nicht vollends geschärfte Klinge. 
Die Sonne berührte erneut den Horizont, als auch das letzte Pferd über die Brücke schritt. Die endlos scheinende Weite wurde von einem orangefarbenen Himmel begrenzt. Oberst Kamal ritt an der Spitze seiner Mannen, als ihm ein paar Umrisse in der Grasebene auffielen. Sie bewegten sich unregelmäßig und schienen schnell auf ihn zuzukommen. Er pfiff seine Leibgarde um sich, während er die Schemen nicht aus den Augen ließ. 
Allmählich konnte er Konturen erkennen. Es waren ebenfalls Reiter. Einer hielt eine Standarte. Rot, Blau und das silberne Schild … es war das kaiserliche Wappen. Wer waren diese Männer? 
Noch ehe Kamal auf eine schlüssige Antwort kommen konnte, hagelte es Pfeile. Einer seiner Leibwächter fiel getroffen vom Pferd. Ein Horn erschallte. Sie kannten das Signal. 
"Einkesseln!", schrie Oberst Kamal und seine Mannen preschten davon. Zahlenmäßig waren sie dem herannahenden Trupp weitaus überlegen. "Die Infanterie frontal in Phalanx-Formation!" 
Der Gleichschritt mehrerer hundert Soldaten wirbelte Staub zwischen den Grasinseln auf. Die feindlichen Reiter stoppten, als die Infanterie in deren Rufweite gelangte, während die berittenen Truppen den Feind umstellten. Die Geräusche verhallten. Alles stand still. 
Langsam ritt Oberst Kamal, gefolgt von Zuz, an der Phalanx vorbei. Er schätzte die Anzahl der feindlichen Männer auf drei Dutzend. Das konnten niemals alle sein. Eine Falle? 
Bei genauerer Betrachtung stutzte Kamal. Der Standartenträger war Amrito, aus dem Heer seines Bruders. 
"Offizier Amrito, wir hatten euch an der Westfront vermutet." 
Amrito blickte verwirrt um sich. "Und der General wähnte Euch an der Ostfront." 
"Ist er hier?" 
"General Amal?" 
Kamal nickte. 
"Da kommt er." 
Ein Speer schlug vor den Füßen von Kamals Pferd ein, das daraufhin stieg und den Oberst beinahe abwarf. Mühevoll beruhigte er seinen Hengst. "Was fällt euch ein?", schrie er Amrito an, der ebenso überrascht war und nur eine fragende Miene aufsetzte. 
"Macht Platz! Macht Platz!"  
Ehrfürchtig rückten die Reihen auseinander, um dem großen General nicht im Wege zu stehen. Stolz ritt er auf seinem prächtigen Ross seinem jüngeren Bruder entgegen, stoppte kurz vor ihm und musterte ihn abschätzig.  "Brüderlein … du hier?" 
"Dieselbe Frage könnte ich dir stellen." 
"Und? Tust du es auch oder redest du nur darüber?" 
Oberst Kamal verdrehte die Augen. 
"Brüderlein, du solltest an der Ostfront kämpfen. Dies war nicht nur ein Befehl von mir, dem General, sondern vom Kaiser höchstselbst."  
"Das ist die Ostfront, Amal." 
"Ist sie ganz offensichtlich nicht, denn wir überschritten vor drei Tagen die letzte Barriere der Westfront. Dieses Land gehört nun offiziell zum Kaiserreich und niemand wird mich an dieser Inanspruchnahme hindern!" 
"Amal, wir sind zum äußersten Ende der Ostfront vorgedrungen, haben den Flusslauf dort hinten überschritten und stehen uns nun gegenüber. Was also schließt du daraus?" 
Der General sah auf das ermattende Glitzern des Stroms. "Dass du ein elender Lügner bist, Kamal!" 
Augenblicklich bohrte sich eine Schwertklinge in die oberste Hautschicht von Amals Hals. "Hüte deine Zunge!", zischte Kamal. 
"Aber, Herr Oberst. Haltet Euch im Zaum", versuchte Zuz zu schlichten. 
"Halt dich da raus, Zwerg!", entgegnete der General zornig. 
"Es wäre klüger, wenn ihr Euch zurückziehen würdet, werter Bruder." Kamal steckte sein Schwert zurück in die Scheide. "Ich möchte es nicht so weit kommen lassen, doch wenn du darauf beharrst, dass dies der westlichste Punkt des Kaiserreichs ist und nicht der östlichste, so werden meine Männer euch lehren, wo Osten und wo Westen ist." 
"Das klingt, als wolltest du es unbedingt so weit kommen lassen und du wirst bitter bereuen, dass du diese Worte je ausgesprochen hast." General Amal kehrte zu seinem Heer zurück. 
"Wir werden sehen …", presste Kamal zwischen seinen Zähnen hervor und machte ebenfalls kehrt. 
 
Der daraufhin folgende Krieg ging als Zweifrontenkrieg, auch ewiger Bruderkrieg, in die Annalen des Kaiserreichs ein. Die dadurch verwüsteten Ländereien sind bis heute unbewohnbar. Kein Vogel singt, kein Fisch schwimmt, im westlichsten Osten, im östlichsten Westen, wo des Kaisers Niedergang besiegelt wurde. 
 
Es war einmal ein Kaiser, der hatte keine Söhne, aber einen Staat, der einmal rings um den Erdball reichte ...